SPD diskutiert über Urheberrecht

Martin Dörmann, MdB
Martin Dörmann, MdB
Michael Frenzel

Gut 50 Bürgerinnen und Bürger besuchten im Haus Knott die SPD-Veranstaltung zum derzeit heiß diskutierten Urheberrecht.

Wie Grund- und Freiheitsrechte der Bürger mit dem Recht der Urheber geschützter Werke in Einklang gebracht werden kann, stand im Fokus der Debatte mit dem Bundestagsabgeordneten Martin Dörmann, der Vorsitzenden des Forum Netzpolitik der KölnSPD Valentina Kerst, sowie Michael Frenzel, Manager eines Internet-Unternehmens und Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Porz-Mitte, Zündorf, Langel.

Einig waren sich Politik und Bürger darin, dass das Urheberrecht in Deutschland dringend einer Überarbeitung bedarf. Zugleich müsse es Künstlern und Autoren ermöglicht werden, für ihre Arbeit eine gerechte Entlohnung zu erhalten. In diesem Zusammenhang wurde kritisiert, dass ein Großteil der Künstler in Deutschland seit Jahrzehnten unter dem Existenzminimum lebt.
Martin Dörmann sagte, angesichts der leichten Kopierbarkeit von digitalen Werken werde das Urheberrecht massenhaft verletzt, auch weil es bei vielen Menschen in der bisherigen Form immer schwerer vermittelbar sei. Es müsse so reformiert werden, dass es den Veränderungen der digitalen Welt gerecht werde, die allgemeine Akzeptanz wieder stärke und eine massenhafte Kriminalisierung von Jugendlichen verhindere: „Dabei geht es der SPD darum, einen gerechten Ausgleich der Interessen von Urhebern, Verwertern und Nutzern herzustellen“, betonte der medienpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion.
Das Urheberrecht abzuschaffen, forderte kein Teilnehmer. Kritisiert wurde jedoch die derzeit zu starke Ausrichtung auf die Interessen der Rechteverwerter. Durch Lobbyisten der US-Konzerne werde ein wahnsinniger Druck auf Regierung und Abgeordnete ausgeübt. Aspekte des Schutzes der deutschen Verbraucher hingegen würden zu wenig Beachtung finden.
Valentina Kerst setzte sich für eine bessere Kennzeichnung urheberrechtlich geschützter Werke ein, um eine legale Verwendung zu erleichtern und den Urhebern neue Verdienstmöglichkeiten zu erschließen. „Es ist unser Ziel, die Modernisierung des Urheberrechts voranzutreiben und nicht zugunsten einzelner Industrien zu zementieren. Wir als SPD müssen einen konstruktiven Dialog führen, der für alle beteiligten mehr Rechtsklarheit schafft.“
„Insbesondere Familien mit Kindern müssen vor Urheberrechtsabzocke geschützt werden“, forderte Michael Frenzel. Es dürfe nicht sein, dass ein versehentlicher falscher Klick von Jugendlichen heute zu horrenden Anwaltsforderungen von 1000 Euro und mehr führen kann.
In den von Musik- und Filmkonzernen angestrengten Verfahren sei zudem die Unschuldsvermutung ausgehebelt. Frenzel kritisierte ferner, dass Rechtsschutzversicherungen hier regelmäßig einen Schutz verweigern.
Rechteverwerter wie Musik- und Filmkonzerne beschäftigen Internet-Detekteien, die teilweise in Personalverflechtung mit Anwälten Jagd auf Internetnutzer machen, um dann ihre Fangprämien zu kassieren. Martin Dörmann steuerte dazu aktuelle Zahlen bei, wonach 2011 über 200.000 Internetnutzer kostenpflichtige Abmahnungen erhielten, von denen mehr als 40 Prozent gezahlt hätten. Dabei werden Beträge von bis zu einigen Tausend Euro für einzelne Musiksongs verlangt.
Massenabmahnungen gehören inzwischen quasi zur Verwertungskette urheberrechtlich geschützter Werke. Dubiose Kanzleien nutzen dabei eine Lücke im aktuellen Urheberrecht aus, und unterstellen den Internetnutzern stets einen „gewerblichen Außmaߓ. Selbst Anwälte meinen, dass Politik die Bürger hier im Regenstehen gelassen habe. Der §97a im Urheberrechtsgesetz müsse deshalb schnellstens so geändert werden, dass für private Internetnutzer eine Verwarngebühr ähnlich wie bei Verkehrssündern oder bei Schwarzfahrern auf 40 Euro gedeckelt wird, forderte Michael Frenzel.
Martin Dörmann kündigte eine gesetzliche Initiative der SPD-Bundestagsfraktion an, um zu verhindern, dass Abmahnungen von Rechtsanwaltskanzleien als Geschäftsmodell missbraucht werden.
Lacher aus dem Publikum erntete schließlich ein Gast, der sich mittels eines hochgehaltenen orangen Plastikkugelschreibers als Vertreter der Piratenpartei vorgestellt hatte. Er reklamierte, die Diskussionsbeiträge seien doch alle bei der Piratenpartei abgeschrieben und verließ daraufhin die Veranstaltung. Dass politisch sinnvolle Forderungen nicht dem Urheberrecht unterliegen, darüber waren sich nun alle Anwesenden einig.