
Er wird als einer der einflussreichsten sozialdemokratischen Intellektuellen des zwanzigsten Jahrhunderts genannt. Er war
Freund, Berater und Kritiker Willy Brandts, seit 1961 als Professor für Politikwissenschaften an der Berliner FU ein scharfer Diagnostiker der internationalen Beziehungen und der kommunistischen Staatenwelt und als Gesellschaftstheoretiker, der die SPD nach 1968, so die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" vor linken Irrwegen bewahren wollte. Heute (15.04.2008) vor 100 Jahre wurde er in Berlin geboren.
In der Würdigung der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" heißt es:
"… Heute erscheint die richtungslos schlingernde Beck-SPD gleichsam als Symbol für das einst von Ralf Dahrendorf ausgerufene Ende des sozialdemokratischen Jahrhunderts. Doch mit dem Niedergang der Partei ist zugleich der Abschied von einer sozialen Figur verbunden, die die geistige Landschaft des vergangenen Jahrhunderts mitgeprägt hat, von Karl Kautsky, Eduard Bernstein, Rudolf Hilferding bis hin zu Löwenthal: Die Zeit des Parteiintellektuellen ist lange vorbei. Symptomatisch ist das Schweigen, mit dem die theoretischen Zeitschriften, die der SPD nahestehen, Löwenthal bedenken. …"
Nach 1933 beginnt für Löwenthal alsbald das Exil mit den Stationen Prag und London. 1945 kehr Löwenthal in Etappen nach Deutschland zurück. Weiter schreibt die FAZ:
"…Unter dem Pseudonym Paul Sering veröffentlichte er 1947 Jenseits des Kapitalismus, eine sozialdemokratische Gesellschaftstheorie, gewidmet den überlebenden Freunden in Deutschland. Sie wurde für viele Jüngere eine fast unglaubliche Quelle von Einsichten, von Offenbarungen, eine Leuchtkugel sozusagen (Helmut Schmidt). Die fünfziger Jahre erlebte Löwenthal als Korrespondent des Observer größtenteils in der Frontstadt West-Berlin. Das von Ideologien gebrannte Kind war zum geläuterten sozialdemokratischen Antikommunisten im Umfeld Willy Brandts und von Melvin Laskys legendärer Intellektuellenzeitschrift Der Monat geworden. Joachim Fest hat an die Wortgefechte erinnert, die sich Löwenthal damals mit seinem ebenso brillanten Observer-Kollegen Sebastian Haffner lieferte…"
Er war ein Kämpfer! zitiert die FAZ Horst Teltschik, damals Berliner RCDS-Vorsitzender und später außenpolitischer Berater Helmut Kohls, von 1968 bis 1970 als Löwenthals Assistent an der FU. Das Blatt zieht folgendes Fazit:
"… Für Löwenthal war der Kampf zwischen Ost und West ein Ringen der Ideen. Bedingungslos sah er Deutschland und die Sozialdemokratie auf der Seite des Westens, was in den siebziger und achtziger Jahren zu heftigen innerparteilichen Diskussionen führte.
Am 9. August 1991 starb Löwenthal. Die Trauerrede, die Willy Brandt auf seinen Weggefährten hielt, sollte für den Redner einer seiner letzten Auftritte vor dem eigenen Tod sein. Sie ist ein bewegendes Vermächtnis einer versunkenen Epoche, in Erinnerung an jene jüdische Intelligenz, der ‚Hefe im Teig des europäischen Geistes‘. Für Brandt war der Lebensweg des deutsch-jüdischen Jungen aus Berlin ein Lehrstück deutscher Freiheitsgeschichte: ‚Ja, dies war ein bedeutender Mann.’"