
Die Köln SPD ist für die Kommunalwahl gerüstet. Bei ihrem Sonderparteitag in Ehrenfeld gab sie sich ein Wahlprogramm und nominierte ihre Kandidatinnen und Kandidaten für den Stadtrat. Ehrengast der Veranstaltung war Ministerpräsident Peer Steinbrück. Darüber berichtet der Kölner Stadt-Anzeiger in seiner Online-Ausgabe vom 22. März:
"Wie Phoenix aus der Asche"
Von Andreas Damm
Die SPD hat ihre Kandidaten für die Kommunalwahl aufgestellt – bis auf eine Ausnahme einvernehmlich.
SPD-Fraktionschef Martin Börschel (31) wird seine Partei als Spitzenkandidat in die Kommunalwahl führen. Mit dieser Entscheidung ist der Parteitag am Samstag dem Vorschlag des Vorstandes gefolgt. Parteichef Jochen Ott (29) wurde auf Platz zwei der Ratsliste gewählt, Elfi Scho-Antwerpes auf Platz drei. Die 51-jährige Architektin, Mitglied im Vorstand der Aidshilfe, soll als Nachfolgerin von Renate Canisius ehrenamtliche Bürgermeisterin werden. Ein halbes Jahr vor der Wahl zeigte sich die SPD geschlossen. Die Delegierten stimmten der von der Parteiführung vorgeschlagenen Liste mit großer Mehrheit zu. Einzig der Lindenthaler Ratsherr Wolfgang Bosbach, neuer Direktkandidat im Wahlkreis Niehl/Weidenpesch, musste sich gegen drei weitere Bewerber durchsetzen.
"Ich bin voll zufrieden", beschrieb Parteichef Ott am Ende der Wahlversammlung seine Stimmung. Die Sozialdemokraten halten ihre Erneuerung für vollbracht. Nicht mehr als 14 der 45 Kandidaten sind amtierende Ratsmitglieder, auf den ersten zehn Listenplätzen finden sich acht neue Namen. Gastredner Ministerpräsident Peer Steinbrück beschrieb den Prozess so: Nach den Erschütterungen durch den Spendenskandal seien die Kölner Genossen "wie Phoenix aus der Asche" aufgestiegen. Für das Land sei es wichtig, "dass die SPD in Köln wieder stärkste politische Kraft wird". Die örtliche CDU jedenfalls, findet Steinbrück, habe "ziemlich viel Mist gebaut".
Das Spitzenduo Börschel und Ott richtete schwere Vorwürfe an das schwarz-grüne Bündnis. "Die Lage der Stadt ist äußerst alarmierend", sagte Börschel. Die Ratsmehrheit habe einen für zwei Jahre geltenden Sparhaushalt beschlossen, der keinen inhaltlichen Sinn erkennen lasse und voller "Tricksereien" stecke. Damit hätten CDU und Grüne die Wähler getäuscht. "Gäbe es die Möglichkeit, auf kommunaler Ebene einen Untersuchungsausschuss einzurichten, wir hätten ihn schon längst beantragt", sagte Börschel. Schwarz-Grün liefere ein "provinzielles Possenspiel" und verprelle Investoren. Ott betonte, "Köln hat etwas Besseres verdient". David Krahnenfeld, mit 22 Jahren jüngster aller Kandidaten, sprach aus, was sich die Delegierten aus den Ortsvereinen erhofften: "Der heutige Tag ist der Anfang vom Ende der schwarz-grünen Mehrheit." Wenn Steinbrück trotz seiner lobenden Worte für seine Kölner Parteifreunde nicht bei jedem im Saal Zustimmung hervorrief, so lag das an seiner Zustandsbeschreibung der gesamten SPD. Die Partei durchlebe "eine ihrer schwersten Identitätskrisen in der Nachkriegszeit". Ursachen dafür seien nicht allein aktuelle "handwerkliche Fehler", sondern vor allem Versäumnisse in den 90er Jahren. Man habe es nicht geschafft, beizeiten ein "sozialdemokratisches Modell für den Sozialstaat" zu entwerfen; zudem habe die Partei "keine klare Vorstellung entwickelt", welche Rolle dem Staat zukommen soll: weg vom "Vater Staat", hin zum "Partner Staat". Zudem, so Steinbrück, sei "zu fragen, ob sich in Deutschland nicht eine gewisse Trägheit breit gemacht habe". Es wäre falsch, jetzt den Kurs der "Zumutungen, schmerzhaften Veränderungen und Opfer" zu verlangsamen. Allerdings sei es entscheidend für die Zustimmung der Bürger, die Lasten gerecht zu verteilen. Der Kölner DGB will auf eine Wahlhilfe für die SPD verzichten. "Wohl aber werden wir den Arbeitnehmern empfehlen, zu wählen", sagte DGB-Chef Wolfgang Uellenberg van Dawen auf dem Parteitag. "Ob diese dann die SPD wählen, hängt davon ab, ob die SPD zu dem wird, was sie von der Tradition sein müsste."