
Über die Umfragen der fünf führenden Meinungsforschungsinstitute berichtet der Spiegel in seiner Online-Ausgabe:
"Glaubt man den aktuellen Umfragen, ist der Wahlausgang am 22. September wieder völlig offen. Laut Politbarometer ist die SPD sogar so stark in Führung gegangen, dass es für eine Fortsetzung von Rot-Grün reichen würde.
Mainz – In der Umfrage, die die Forschungsgruppe Wahlen für das ZDF macht, führt Rot-Grün derzeit mit 47 Prozent vor Union und FDP mit zusammen nur noch 44,5 Prozent. Sollte die PDS, die laut Politbarometer bei 4,5 Prozent liegt, auch nicht über Direktmandate in den Bundestag kommen, könnte die derzeitige Koalition also weiterregieren.
Der Umfrage zufolge steigerten sich die Sozialdemokraten in der Sonntagsfrage um zwei Punkte auf 40 Prozent, während CDU/CSU einen Prozentpunkt verloren und jetzt nur noch auf 37 Prozent kommen. Die FDP rutschte von acht auf 7,5 Prozent ab. Die Grünen blieben bei sieben Prozent. Noch drastischer zeigt sich dieser Trend in der politischen Stimmung: Hier gewann die SPD fünf Prozentpunkte dazu und kommt nun auf 45 Prozent. CDU/CSU fielen dagegen um vier Punkte auf 35 Prozent zurück. Die Grünen blieben ebenso wie die FDP bei acht Prozent, die PDS stagniert bei drei Prozent.
Mit einem Sieg der Regierungskoalition rechnen der Umfrage zufolge mittlerweile 60 Prozent der Deutschen – zwölf Prozent mehr als in der Vorwoche. Einen Erfolg von Union und FDP erwarten nur noch 26 Prozent und damit elf Prozent weniger als zuletzt.
Die Meinungsforscher führen das Stimmungshoch der SPD vor allem auf das zweite Fernsehduell zwischen Kanzler Gerhard Schröder und Herausforderer Edmund Stoiber sowie die öffentliche Debatte um den Irak-Konflikt zurück. So sprachen sich 50 Prozent der 1326 Befragten gegen jede Beteiligung Deutschlands an Militäroperationen auch für den Fall eines Uno-Mandates aus, 45 Prozent sind für eine Beteiligung mit Mandat, und nur vier Prozent würden auch einen Alleingang der USA unterstützen.
Stoiber nach Noten Vorletzter
Als Sieger des zweiten TV-Duells sehen der Umfrage zufolge mittlerweile 55 Prozent der Deutschen Schröder und nur neun Prozent den bayerischen Ministerpräsidenten. Entsprechend konnte der SPD-Vorsitzende auch bei der Kanzlerfrage seinen Vorsprung ausbauen: 59 Prozent (plus drei) würden Schröder gerne weiter als Regierungschef sehen, nur 34 Prozent (minus eins) sprachen sich für einen Kanzler Stoiber aus. Dies sei der größte Abstand zwischen beiden, der je gemessen worden sei, berichtete das ZDF.
Die starken Stimmungsveränderungen wirkten sich auch auf die Noten der Politiker aus. Weiterhin auf Platz eins liegt hier Außenminister Joschka Fischer mit 2,2 (plus 0,2), knapp dahinter mit deutlichen Verbesserungen Schröder mit 2,1 (plus 0,3) vor dem CDU-Wirtschaftsexperten Lothar Späth mit 1,5 (plus 0,1) und Innenminister Otto Schily, der mit der Note 1,3 (plus 0,4) den größten Sprung nach vorne machte. Stoiber fiel auf den neunten und damit vorletzten Platz mit 0,5 (minus 0,2) zurück – vor dem Schlusslicht FDP-Chef Guido Westerwelle mit 0,3 (minus 0,1).
Immer geringer wird auch der Kompetenzvorsprung der Union bei den Themen Wirtschaft und Arbeit. 33 Prozent der Deutschen (minus ein Prozentpunkt) trauen der Union mehr in Sachen Wirtschaftsaufschwung zu, 30 Prozent (plus sechs) der SPD. 35 Prozent (minus zwei) glauben, dass CDU/CSU eher Arbeitsplätze schaffen können, 29 Prozent (plus drei) nennen in diesem Zusammenhang die SPD.
Infratest mit Gewinnen für SPD, Grüne und FDP
Bei Infratest dimap legte die SPD nach Angaben des Meinungsforschers Reinhard Schlinkert ebenso wie FDP und Grüne gegenüber der Vorwoche leicht zu. CDU und CSU hätten auf ihrem vorherigen Niveau verharrt, sagte Schlinkert am Morgen in der ARD, ohne Zahlen zu nennen. Die PDS liege weiter unter fünf Prozent.
Die Zeitung "Die Welt" hatte zuvor berichtet, Infratest dimap werde einen SPD-Vorsprung vor der Union von drei Punkten, eine annähernde Stimmengleichheit von FDP und Grünen und einen Stimmenanteil für die PDS von unter fünf Prozent ausweisen. In der Vorwoche hatte Infratest für die SPD 39, für die Union 38, die FDP 8,5, die Grünen 7,5 Prozent und die PDS vier Prozent festgestellt.
Emnid: Bereitschaft für politischen Wechsel nicht mehr da
In der für n-tv erstellten aktuellen Emnid-Umfrage liegen Union und SPD gleichauf bei je 38 Prozent. Die FDP blieb wie in der vorigen Emnid-Umfrage bei acht Prozent, die Grünen verharrten bei sieben Prozent, die PDS bei vier Prozent. Die Stimmung habe sich aber zu Gunsten der Koalition gedreht, "die Bereitschaft für einen politischen Wechsel in Deutschland (ist) plötzlich nicht mehr da". 48 Prozent der Befragten hätten die Ansicht vertreten, dass "die jetzige Bundesregierung noch genügend Ideen und Durchsetzungskraft hat, um das Land weitere vier Jahre regieren zu können". Daher brauche man keine neue Regierung. 47 Prozent hätten sich indes für einen Regierungswechsel ausgesprochen. Im August hätten sich noch 53 Prozent für einen Regierungswechsel und nur 41 Prozent für die Fortsetzung der rot-grünen Koalition ausgesprochen.
In dieser Woche hatte auch erstmals das Institut Allensbach einen Gleichstand von SPD und Union bei je 37 Prozent konstatiert. Die FDP rutschte auf 10,1 Prozent ab, die Grünen gewannen leicht auf 7,3 Prozent, die PDS käme unverändert auf 4,9 Prozent. Allensbach hatte 1998 das Ergebnis der Bundestagswahl am genauesten vorhergesagt.
In Berlin noch deutlichere Mehrheit für Rot-Grün
Nach einer Umfrage von Infratest dimap für den Berliner "Tagesspiegel" und den SFB fällt in der Bundeshauptstadt der Vorsprung von Rot-Grün besonders hoch aus. Hier sei nicht mehr mit einem Kopf-an-Kopf-Rennen der beiden Lager zu rechen, sondern mit einem deutlichen Vorsprung von SPD und Grünen.
In Berlin kämen die Sozialdemokraten auf 38 Prozent, wenn am kommenden Sonntag Wahlen wären und die Grünen auf 12 Prozent. Mit nur 25 Prozent liegt die CDU um 10 Prozent hinter der Bundespartei zurück, die FDP käme auf acht Prozent. In Berlin würde die PDS 12 Prozent erhalten, damit befände sich die Partei im leichten Abwind. Nach Angaben der Wahlforscher habe sie im Ostteil vier Prozent ihrer Anhänger verloren.
Laut der Repräsentativumfrage wäre es 40 Prozent der befragten Berliner am liebsten, wenn SPD und Grüne auf Bundesebene wieder eine Regierung bilden, nur 18 Prozent favorisieren dagegen ein konservativ-liberales Bündnis."